KI in Fernwärme
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Der Wärmesektor macht in Deutschland etwas mehr als die Hälfte des Endenergieverbrauchs aus. Davon entfallen etwa 10% auf die Bereitstellung von Fernwärme. Diese wird hauptsächlich durch den Einsatz fossiler Brennstoffstoffe erzeugt, wobei vor allem Erdgas der Hauptenergieträger ist. Die Dekarbonisierung der Fernwärme ist ein wichtiger Schritt zur Erreichung der Klimaziele im Rahmen der Energiewende. Dies kann durch Digitalisierung vorangetrieben werden, indem unter anderem die Effizienz in bestehenden, mit fossilen Energieträgern betriebenen Anlagen erhöht wird.

Optimierung von Wärmenetzen mithilfe von KI

Im Projekt „KI in Fernwärme“ evaluiert die dena den Einsatz verschiedener KI-Anwendungsfälle für den Betrieb und die Optimierung von Fernwärmenetzen in Deutschland. Ein ausgewählter KI-Anwendungsfall wird prototypisch implementiert, um damit praxisnahe Hürden und Erfahrungen zu sammeln. Die Erkenntnisse werden umfassend in einem Projektleitfaden dokumentiert. Dieser Projektleitfaden richtet sich primär an Fernwärmeversorgungsunternehmen und soll einerseits ein grundlegendes Bewusstsein für Digitalisierungsprojekte schaffen und andererseits als konkrete Projektblaupause dienen, um die Planung und Durchführung von Digitalisierungsprojekten zu erleichtern. 

Mithilfe einer KI-basierten Wärmelastprognose kann die Wärmelast des nächsten Tages präziser antizipiert werden als durch herkömmliche Prognoseverfahren. Erste Ergebnisse unterschiedlicher Projekte zeigen, dass eine Senkung der durchschnittlichen Fehlerrate von bis zu 50% realistisch ist. Durch präzisere Prognosen kann die Grundlast des Wärmenetzes durch effiziente KWK-Anlagen besser abgedeckt und eine Zuschaltung von meist ineffizienteren Spitzenlastkraftwerken reduziert werden. Auch bei der Transformation von Wärmenetzen hin zu einer regenerativen Wärmeerzeugung, sind präzise Wärmelastprognose ein wesentlicher Bestandteil. 

Die Gestaltung der Erzeuger-Einsatzplanung stellt für die Mehrheit der Fernwärmeversorgungsunternehmen (FVU) gegenwärtig keine große Herausforderung dar, da die meisten Wärmenetze durch wenige große Erzeuger, in der Regel gasbasierte Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen (KWK), gespeist werden. Im Zuge der Transformation hin zu klimaneutralen Wärmenetzen mit einem erheblichen Anteil erneuerbarer Energien sehen sich FVU jedoch einer zunehmend komplexeren Erzeugereinsatzplanung gegenüber. Analog zum Stromsektor verändert sich auch hier die Erzeugerstruktur hin zu dezentraleren und kleinteiligeren Einheiten. 

Bei der Transformation des Energiesystems nehmen Wärmenetze eine bedeutende Rolle bei der Sektorenkopplung ein. Neben den bestehenden KWK-Anlagen, integrieren FVU nun vermehrt auch Wärmepumpen in ihre Netze. Dies führt zu einer heterogenen Erzeugerstruktur, in der KWK-Anlagen Energie in das Stromnetz einspeisen können, während Wärmepumpen Energie aus dem Stromnetz entnehmen. Die Herausforderung für FVU besteht darin, ihre Wärmenetze unter Berücksichtigung dieser Prosumer-Struktur ökonomisch zu optimieren. Zur Bereitstellung dieser Flexibilität ist eine intelligente Erzeugereinsatzplanung erforderlich, die das Erzeugerportfolio auf der Grundlage von Momentanwerten aus dem Wärme- und Stromnetz (einschließlich Strompreise) optimiert. 

KI-Anwendungsfälle in Wärmenetzen
  • Wärmelastprognose mit intelligenter Erzeuger-Einsatzplanung 
  • Thermische und hydraulische Modellierung 
  • Anomalie-Erkennung bei Kundenanlangen 
  • Vorauserkennung der Versorgungssituation an HAST 
  • Schlechtpunktanalyse 
  • Prädiktive Leckage-Erkennung 

Umfrage zum Stand der Digitalisierung bei FVU

Der Einsatz von KI in Wärmenetzen steigert die Effizienz im Betrieb von Wärmenetzen und hilft, CO2-Einsparungspotenziale zu heben. Durch die Reduktion von Wärmeverlusten und die Optimierung der Anlageneinsatzplanung werden dabei große Klimaschutz- und Kostensenkungspotenziale erwartet.  

Publikation
Hohe Verbesserungspotenziale bei leichter Umsetzungsschwierigkeit werden bei der Reduktion der Wärmeverlust und der Optimierung des Anlageneinsatzes gesehen.
Publikation
Die Kenntnisse über den Netzzustand sind durchwachsen. Auf der Wärmeabnahmeseite werden vergleichsweise wenige Daten erhoben.
Publikation
Versorgungsunternehmen sollten frühzeitig in geeignete fernauslesbare Messtechnik investieren, damit eine solide Datenbasis in ausreichender Granularität geschaffen werden kann.
Publikation
Der Zugang zu Daten sollte durch standardisierte Schnittstellen vereinfacht werden. Der Einsatz von Datenräumen kann einen sicheren und transparenten Zugriff auf Daten ermöglichen.

Mithilfe der bisherigen Projekterkenntnisse und der durchgeführten Umfrage können Handlungsempfehlungen für Innovatorinnen und Innovatoren und für FVU gegeben werden, um die Branche im Bereich Digitalisierung voranzubringen:

  • FVU sollten bereits jetzt in geeignete fernauslesbare Messtechnik investieren, um eine solide Datengrundlage für KI-Anwendungen zu schaffen. Je weiter die Daten in ausreichender Granularität zurückreichen, desto besser können KI-Modelle trainiert werden.
  • Es braucht Personen und Firmen, die mit diesen Daten arbeiten. Die Auswertung von Sensorik und Nutzung von Daten müssen fokussiert werden. So können Innovationen entstehen, die zu einem effizienteren Betrieb führen.
  • Daten müssen leichter zugänglich sein. Die Bereitstellung von standardisierten Schnittstellen an existierenden Datenbanken erleichtern den automatisierten Abruf von Daten. Durch den Einsatz von Datenräumen, wie im Projekt „dena-ENDA“, kann ein sicherer und transparenter Zugriff auf Daten durch die Implementierung einer Datengovernance ermöglicht werden.
  • Sensorik muss zu einer Kostensenkung führen, um ihren Einsatz zu rechtfertigen. Innovationstreiber müssen Technologien entwickeln, die zunächst auch mit einer limitierten bzw. variierenden Datenbasis umgehen können und basierend darauf einen Mehrwert liefern.
  • Die Entwicklung spezifischer, nicht übertragbarer Lösungen sollte, soweit möglich, vermieden werden. Dort, wo es möglich ist, sollten Branchen-Standards geschaffen werden. Für einige Anwendungen gibt es keine „One size fits all“-Lösung. 
FACTSHEET | 359 kB
dena-Factsheet: Künstliche Intelligenz in der Fernwärmeversorgung

Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) hat die dena zur Umsetzung des Projekts beauftragt. Das Projekt wird gemeinsam mit dem Start-up ENER-IQ GmbH und den Stadtwerken Norderstedt durchgeführt. Das Projekt wird Mitte 2024 abgeschlossen. 

Foto: shutterstock/FastMotion