KI in Fernwärme
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Der Wärmesektor macht in Deutschland etwas mehr als die Hälfte des Endenergieverbrauchs aus. Davon entfallen etwa 10% auf die Bereitstellung von Fernwärme. Diese wird hauptsächlich durch den Einsatz fossiler Brennstoffstoffe erzeugt, wobei vor allem Erdgas der Hauptenergieträger ist. Die Dekarbonisierung der Fernwärme ist ein wichtiger Schritt zur Erreichung der Klimaziele im Rahmen der Energiewende. Dies kann durch Digitalisierung vorangetrieben werden, indem unter anderem die Effizienz in bestehenden, mit fossilen Energieträgern betriebenen Anlagen erhöht wird. Die Verwendung neuer, digitaler Technologien bei Fernwärmeversorgungsunternehmen ist derzeit als gering einzustufen. Erste Erfahrungsberichte aus erfolgreich abgeschlossenen Projekten zeigen jedoch, dass es erhebliche Potentiale zur Effizienz- und Kostenoptimierung gibt. Dieser Diskrepanz zwischen bestehenden Potentialen und tatsächlicher Umsetzung geht die Deutsche Energie-Agentur (dena) mit dem Projekt „Künstliche Intelligenz in Fernwärme“ auf den Grund und baut bestehende Hürden bei der Umsetzung von Digitalisierungsprojekten ab.

Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz hat die dena im Rahmen des Corona-Konjunkturpakets zur Umsetzung des Projekts beauftragt. Die operative Umsetzung des Arbeitspakets wurde Ende 2021 europaweit ausgeschrieben. Den Zuschlag hat das Softwareunternehmen ENER-IQ GmbH mit den Stadtwerken Norderstedt als Projektpartner erhalten. Das Projekt wird Anfang 2024 abgeschlossen; einzelne Ergebnisse jedoch bereits während der Projektlaufzeit veröffentlicht.

Mithilfe von Algorithmen werden Wärmebedarfsprognosen optimiert und Erzeuger intelligent eingesetzt. Dadurch werden Lastspitzen geglättet und der Einsatz von meist ineffizienteren Spitzenlastkraftwerken vermieden. Dabei wird ein explorativer Ansatz verfolgt, um Aussagen darüber treffen zu können, welche Algorithmen aus dem Bereich des Maschinellen Lernens / der Künstlichen Intelligenz den größten Mehrwert bieten. Weitere Anwendungsfälle werden analysiert und auf Nutzen, sowie Komplexität geprüft.

Ergebnisse aus KI-Projekten von anderen Marktakteuren werden evaluiert und prototypisch mit den Daten der Stadtwerke Norderstedt umgesetzt. Dazu möchten wir in engen Kontakt zu den Projektverantwortlichen treten, um in Kooperation die erarbeiteten Modelle Dritter anhand der Daten der Stadtwerke Norderstedt zu testen. Dadurch werden Erkenntnisse zur Übertragbarkeit von bestehenden Modellen auf andere Wärmenetze gesammelt und für die Branche zur Verfügung gestellt.

Die Erkenntnisse werden umfassend in einem Projektleitfaden dokumentiert. Dieser Projektleitfaden richtet sich primär an Fernwärmeversorgungsunternehmen und soll einerseits ein grundlegendes Bewusstsein für Digitalisierungsprojekte schaffen und andererseits als konkrete Projektblaupause dienen, um die Planung und Durchführung von Digitalisierungsprojekten zu erleichtern. In diesem Sinne werden Use Cases bewertet, geeignete Algorithmen für die Use Cases identifiziert und die benötigten Daten mit jeweiligen Korrelationen dargestellt. Auf Managementebene wird eine Roadmap zur Durchführung von Digitalisierungsprojekten skizziert und auf Lessons Learned, Best Practices, sowie relevante Gesetzgebung und Regulierung hingewiesen.

Mittels einer Umfrage unter Fernwärmeversorgungsunternehmen soll ermittelt werden inwieweit Wärmenetze bereits digitalisiert sind, welche weiteren Maßnahmen geplant sind, welche Expertise in diesem Bereich vorhanden ist und welche Hürden bereits identifiziert wurden.

Die Vernetzung der dena mit den relevanten Marktakteuren und auch die Vernetzung der Akteure untereinander wird in bilateralen Gesprächen und innerhalb eines Workshops angestrebt. Dadurch wird der Projektleitfaden geschärft und genau auf die Bedürfnisse der Fernwärmeversorgungsunternehmen zugeschnitten.

Foto: shutterstock/FastMotion