Die Energiewende erfordert eine umfassende Umstellung unserer Energiesysteme, insbesondere bei der Wärmeversorgung. Bis 2038 soll die Kohleverstromung beendet sein, und fossile Energieträger wie Erdgas werden zunehmend durch erneuerbare Energien ersetzt. Fernwärme spielt dabei eine wichtige Rolle: Rund 58 % des gesamten Energieverbrauchs in Deutschland entfällt auf den Wärmesektor (etwa 2.4 Terawattstunden), mit einem Anteil von 15% für Fernwärme. Damit diese Netze auch in Zukunft effizient und umweltfreundlich arbeiten, müssen sie modernisiert und optimiert werden.
Das Projekt „ML4FW“ soll mithilfe von Maschinellem Lernen den Betrieb der Fernwärmesysteme durch Optimierung der Betriebsparameter in Hausübergabestationen (HAST) verbessern. Durch das Senken von Systemtemperaturen, vor allem aber der Rücklauftemperaturen, können Energieverluste reduziert werden und so die Wärmeversorgung insgesamt nachhaltiger gestaltet werden.
Wie wir vorgehen
In dem Projekt wird eine sogenannte ML-Ops-Pipeline entwickelt, die den Betrieb von HAST in Fernwärmenetzen optimiert. Die Pipeline erfasst in Echtzeit Messdaten aus den Regelsystemen der Gebäude, die über die Infrastruktur einer am Projekt beteiligten Wohnbaugesellschaft (NeuWoBa) bereitgestellt und in einer zentralen Datenbank gespeichert werden. Anhand dieser Daten berechnet ein Optimierungs-Framework automatisch die besten Regelparameter für die HAST. Eine integrierte Anomalieerkennung überwacht das System und passt das Modell bei Bedarf an, um auf veränderte Bedingungen zu reagieren.
Die optimierten Parameter werden anschließend an die Regelsysteme zurückgespielt und direkt im laufenden Betrieb angewendet. Diese dynamische Anpassung verbessert die Energieeffizienz, reduziert Verluste und senkt die Betriebskosten. Das Projekt wird in der Winterperiode 24/25 in fünf Wohngebäuden der Neubrandenburger Wohnungsbaugenossenschaft (NeuWoBa) praktisch erprobt. Diese Feldtests bieten die Möglichkeit, die ML-gestützten Optimierungen unter realen Bedingungen zu validieren.
Warum es wichtig ist
Das Ziel des Projektes ist in erster Linie, die Anwendbarkeit und Effektivität von Methoden des maschinellen Lernens (ML) für die automatische und kontinuierliche Anpassung der Regelparameter von HAST an sich verändernde Betriebsbedingungen in realen Fernwärme-Hausstationen zu demonstrieren. Berechnungen zeigen, dass bereits die Optimierung weniger Hausübergabestationen in einem Fernwärmenetz durch eine Absenkung der Rücklauftemperaturen zu signifikanten Kosteneinsparungen führen kann. Zusätzlich verbessert eine effizientere Rücklauftemperatur die Transportkapazität der Netze und schafft Raum für neue Anschlüsse, ohne dass das Netz verstärkt werden muss.
Durch die Verbesserung der Effizienz in den Wärmenetzen werden im Rahmen des Projektes nicht nur die Betriebskosten gesenkt, sondern auch ein Beitrag zur Erreichung der Klimaziele geleistet, indem der Energieverbrauch und die CO2-Emissionen gesenkt werden. Das Projekt stellt somit einen wichtigen Schritt in Richtung einer nachhaltigeren und kosteneffizienteren Energiezukunft dar. Da in den meisten Fällen die verbauten HAST mit „ab-Werk Standardeinstellungen“ der Regelparameter geliefert und eingebaut werden, kann hier eine Anpassung einer geringen Anzahl von Regelparametern einen signifikanten Effekt auf das gesamte Fernwärmenetz haben.
Zielgruppen
Das Projekt richtet sich an Energieversorger, Wohnungsbaugesellschaften und Forschungseinrichtungen. Energieversorger können mit Hilfe von Machine Learning Modulen ihre Netze effizienter betreiben, Wohnungsbaugesellschaften profitieren von einer stabileren und kostengünstigeren Wärmeversorgung, und die wissenschaftliche Gemeinschaft erhält wertvolle Erkenntnisse zur praktischen Anwendung von Künstlicher Intelligenz in der Energiewirtschaft.